Kaiserschnitt sollte eine segensreiche Notfallmaßnahme sein – Kein Wunschprogramm
Die Bedürfnisse von Schwangeren nach Sicherheit für sich und ihr Kind sind irgendwann für eine Marketingstrategie in der Geburtshilfe ausgenutzt worden – das Angebot des Wunschkaiserschnittes.
Zu Beginn der Wunschkaiserschnitt-Ära haben wir – Hebammen und Kinderkrankenschwestern - auf der Entbindungsstation mit sehr viel Unwillen auf die Schwangeren, die dieses Servicepaket nutzten, reagiert.
Denn wir wussten um die fatalen Folgen nach dem Kaiserschnitt – schreiende Kinder, Stillschwierigkeiten, wundschmerzgeplagte, übernächtigte Wöchnerinnen. Von den unerkannten körperlichen und psychischen Spätfolgen ganz zu schweigen.
Irgendwann habe ich die Frauen befragt, warum sie sich zu diesem Eingriff entschlossen hatten.
Die Gründe waren sehr individuell. Aber eines hatten sie alle gemeinsam: unzureichende Aufklärung über die Folgen und keine Angebote für Alternativen ihrer vorrangigen Bedürfnisse.
Im Gegenteil: manche Kliniken, die um Geburtszahlen und um ihre weitere Existenz kämpfen, nehmen dankbar jede Anfrage nach Wunschkaiserschnitt an. Denn ein Kaiserschnitt wird deutlich besser bezahlt.
Wenn ich die Frauen dann nach der Kaiserschnitt-OP (*) gefragt habe, ob sie sich für eine natürliche Geburt entschieden hätten, wenn sie ausreichend über die unten aufgeführten Möglichkeiten informiert worden wären, antworteten fast alle mit einem klaren JA.
*Eine Befragung vorher war in den seltensten Fällen möglich, da die Frauen sich meist schon für diese vom Arzt als vollkommen sicher abgesegnete Methode entschieden hatten. Wem sollten sie auch vertrauen, wenn nicht dem beratenden Arzt? Er muss es ja schließlich wissen.
Hier ein paar Antworten und die Alternativen, die man hätte anbieten müssen:
Ich hatte Angst, dass etwas schiefgeht und mein Kind Schaden nimmt
• Gute psychologische Betreuung von einem Therapeuten, der sich mit dem Thema Geburt auskennt. Häufig finden wir in der Anamnese ein eigenes unverarbeitetes Geburtstrauma, dass zu unbewussten, als unüberwindlich empfundene Ängste führte.
• Eine Doula zur Vorbereitung und Begleitung für eine angstfreie Entbindung.
• Eine (Beleg-)Hebamme, die der Frau in der Schwangerschaft ihr Selbstvertrauen in ihre Gebärfähigkeit (zurück-)gibt.
• Begleitung mit Hypnobirthing.
Ich hatte Angst vor den Wehenschmerzen
• Eine Doula zur Vorbereitung und Begleitung.
• Eine (Beleg-)Hebamme, die der Frau in der Schwangerschaft ihr Selbstvertrauen in ihre Gebärfähigkeit (zurück-)gibt.
• Eine Aufklärung über (sinnvolle) Schmerzmedikation unter den Wehen.
• Begleitung mit Hypnobirthing.
Ich wollte, dass mein Kind auf einem bestimmten Datum geboren wird, weil mein Mann dann frei hat und ich ihn bei der Geburt dabei haben wollte.
• Es ist wichtig, dass Eltern erfahren, was diese Reise durch die Schwangerschaft und Geburt für ihr Baby bedeutet. Dass es für das Baby und seine gesunde Entwicklung nicht egal ist, ob es durch Kaiserschnitt oder auf natürliche Weise. (Literatur: Es ist nicht egal, wie wir geboren werden - Michel Odent). Und dass der Zeitpunkt von dem Baby gewählt werden sollte, damit es sich mit seinem ganzen System bereit zeigt für den bevorstehenden Entwicklungsprozess.
Doch in Zeiten, wo auf Sicherheit durch Technik gesetzt wird, interessieren sich nur sehr wenige der Geburtshelfer für die psychologischen Hintergründe und das Wesen des Geburtsgeschehens. Das Argument, das Kind kriegt es ja nicht mit, was mit ihm passiert, sollte in einer Zeit der pränatalen Wissenschaft eigentlich Vergangenheit sein.
Doch leider ist die Ignoranz und Ausblendung dieser wissenschaftlich bewiesenen Hintergründe die häufigere Realität.
Ich wollte kein weiteres Kind und die Sterilisation ist bei einem Kaiserschnitt kostenlos, da es von der Krankenkasse getragen wird.
• Ein Skandal, bei dem mir die Worte fehlen!
Ich hatte Angst, nochmal so eine schlimme Entbindung/Notkaiserschnitt zu haben wie beim letzten Mal
• eine gut begleitete Verarbeitung nach dem Entbindungstrauma hätte nicht nur dazu geführt, dass das Selbstbewusstsein dieser Mütter zurückkehrt und sie sich wieder als vollwertig und ganz empfindet. Vielmehr hätte dann die erneute Geburtserfahrung eine heilende Wirkung auf beide Erlebnisse gehabt. Frauen, die nach einem vorangegangenen Kaiserschnitt eine natürliche Entbindung erlebt haben, sind stolz auf sich und profitieren ihr ganzes Leben davon.
Ich möchte hier betonen, dass nicht alle Frauen sich nach einer Kaiserschnittentbindung als minderwertig fühlen. Das Selbstempfinden ist immer abhängig vom jeweiligen individuellen Kontext, in dem ein Kaiserschnitt passiert.
Doch die Realität ist eher so, dass diese Frauen und Babys mit ihren Beweggründen und ihrem Trauma alleingelassen werden.
Ein Wunschkaiserschnitt ist nicht einfach eine alltägliche OP.
Wenn eine Frau sich einen Kaiserschnitt wünscht, ist sie unbewusst in einer Notlage, der sie sich mit den ihr angebotenen Möglichkeiten entziehen möchte.
Doch was sich in der Praxis immer wieder zeigt: die in der Schwangerschaft aufgetauchten Problemthemen lösen sich nicht dadurch, dass man das Kind aus dem Mutterleib herausschneidet.
Ganz im Gegenteil: die Mütter und ihre Kinder sind dann um einige weitere Probleme mehr belastet zu den schon vorher bestandenen.
Und wieder steht die Frau mit dieser Problemansammlung allein. Gerade, wenn ein neuer Erdenbürger geboren ist, fehlt das Geld für eine Therapie. Also wird das Thema einfach zur Seite geschoben. Meist auf die somatische Ebene, denn der Körper vergisst nie, er speichert, bis es ihm zu viel ist und es durch unterschiedliche Symptome kundtut. Doch dann gibt es ja die (Schul-)Medizin, die die erforderlichen Mittel oder OPs bereithält, um auch diese Schreie zum Schweigen zu bringen.
Fazit:
• Geburtsbegleiter brauchen dringend ein Upgrade hinsichtlich der psychologischen und medizinischen Bedeutung von Geburt und Schwangerschaft.
• Schwangere sollten in den Geburtsvorbereitungskursen in dem Wissen um ihren wundervollen Körper und seiner Gebärfähigkeit geschult und gestärkt werden. Sie sollten erfahren, was für wunderbare Fähigkeiten ihre Babys schon im Mutterleib haben, um ihre Geburt mit ihren Müttern gemeinsam zu gestalten.
• Für betroffene Frauen und Kinder sollte es ein umfassendes Auffangnetz zur Verarbeitung der Erlebnisse und zur Prävention von Folgetraumata geben, das von der Krankenkasse getragen wird. Denn solange die Krankenkassen diese Machenschaften unterstützen wird es schwer sein, die Strukturen zu ändern.
• Natürliche interventionsfreie/-arme Geburten in Geborgenheit, ob zu Hause im Geburtshaus oder im Krankenhaus sollten den finanziellen Ausgleich bekommen, den er wert ist und nicht in finanzieller Konkurrenz zum Kaiserschnitt stehen.
Wir brauchen den Aufbau einer neuen Geburtskultur in Geborgenheit und Selbstbestimmheit.
UNSERE SEMINARE ZUR GEBURT/ ENTBINDUNG FINDEN SIE HIER.